Welche Faktoren bestimmten die Nachhaltigkeit eines Designkonzeptes?

 

Nachhaltigkeit (sustainable) – Begriffserklärung:

Im Grunde geht es um das Handlungskonzept bei der Ressourcennutzung, wenn man langfristig etwas herstellen und einen Bedarf befriedigen will. Ein nachhaltiges Handlungskonzept schützt und berücksichtigt die beteiligten Elemente (Lebewesen und Ökosystem) in Bezug auf ihre natürliche Regenerationsfähigkeit.

 

Was sind die wichtigsten Faktoren, die für ein nachhaltiges Designkonzept berücksichtigt werden müssen?

Faktoren in Bezug auf Design / Schnitt / Produktion / Logistik / Qualität / Entsorgung

 

Produktion:

  • Ressourcennutzung - Wie wird mit dem Rohstoff umgegangen?
  • Wie wird es produziert? Wie sind die Bedingungen, für die Angestellten und Umwelt bei der Produktionsstätte vor Ort?
  • Wie werden der Umweltschutz und die Arbeitsrechte in der Produktionsstätte und im Produktionsland gewahrt?
  • Wo ist der Standort der Produktion? Wie weit sind die Transportwege? Evtl. sind die Produktionsstätten, die mein Design mit dem von mir vorgegebenen Verarbeitungsanspruch umsetzen können, weit entfernt. Wie kann ich evtl. lange Transportwege vermeiden oder die CO₂-Belastung ausgleichen?
  • Wie kann ich Überproduktion vermeiden? Z.B. mit einem „Made to order“ Produktionskonzept.
  • Wie viel Wasser verbraucht mein Produkt in der Herstellung?

Wasserverbrauch: Generell sollte man als Firma sensibilisiert werden, wie viel Wasser Kleidung in der Herstellung verbraucht, z.B. in der Stoffherstellung – beim Färben und Nachbehandeln. Aber auch bei der Nachbehandlung von fertiger Kleidung, z.B. um einen "Used Jeans Look" zu erzeugen, wird sehr viel Wasser verbraucht. Die Farbe Schwarz ist problematischer als andere Farben in Bezug auf Wasserverbrauch und vor allem Schadstoffe. Relevant ist auch die Pflege des Kleidungsstückes im alltagsgebrauch des Kunden, wie lange kann ein Teil getragen werden, bis es wieder gewaschen werden muss? In einem günstigen synthetischen Material ist der Körper oft schlechter klimatisiert als in einem natürlichen Material. Natürliche Rohstoffe haben die Eigenschaft, Luft und Feuchtigkeit einzuschließen und wieder abzugeben. Auch haben Wolle und Seide eine selbstreinigende Eigenschaft. Ein Pullover aus hochwertiger Wolle, den man ein paar Stunden an die frische Luft hängt, riecht wieder frisch, das heißt, er muss seltener gewaschen werden. Meistens wird Bekleidung wegen Gerüchen und nicht wegen direkter Verschmutzung gewaschen.

 

Wasser ist eine unserer wertvollsten Ressourcen. Eine immer knapper werdende Ressource, auf die meiner Meinung nach ganz besonders Acht gegeben werden muss.

 

Design - Material:

  • Aus was wird mein Produkt produziert? (Oberstoff, Futter, Innenleben, Zutaten wie Knöpfe, Reißverschlüsse, etc.) Nachwachsende Naturstoffe? Wie zum Beispiel Baumwolle, Leinen, Hanf, oder auch industriell hergestellte Fasern wie Viskose, Lyocell ( auf cellulosebasis)
  • Kunststoff – Ja / Nein oder recycelter Kunststoff?
  • Vegan – Ja / Nein also evtl. auf Wolle und Seide verzichten.

Dabei gibt es ganz klar sehr große Unterschiede von Pelz und Leder bis zu Bio Wolle oder "Peace Silk", bei der kein Tier zu Schaden kommt. Hier muss klar differenziert werden.

Auch muss immer das Innenleben eins Kleidungsstückes berücksichtigt werden. Viele Modelle können ohne adäquates Innenleben wie zum Beispiel: passende Klebeeinlage, Rosshaareinlage, Schulterpolster usw. nicht umgesetzt werden.

Jedes nachhaltige Label muss sich hier individuell für ein Materialkonzept passend zu seinem Produkt entscheiden.

 

Design – Kollektionskonzept:

  • Der Textilmarkt bietet bereits sehr viel Angebot. Daher stellt sich am Anfang die generelle Frage: Was unterscheidet mein Basicprodukt vom Basicprodukt eines anderen Anbieters?
  • Welche Farben verwende ich? - Wenn ich Farben in meiner Kollektion habe, die sich dauerhaft wiederholen, können Material-Überschüsse leichter wieder in neue Kollektionen eingebaut werden.
  • Wie viele Kollektionen produziere ich im Jahr?
  • Sind die Kollektionen an Jahreszeiten gebunden?
  • Wie bauen meine Kollektionen aufeinander auf, sind sie untereinander kombinierbar?
  • Wie zeitlos sind meine Entwürfe?
  • Wie lange wird mein Kunde meine Entwürfe voraussichtlich tragen?

Wie muss ich mein Produkt ästhetisch gestalten, damit mein Kunde das Kleidungsstück lange tragen möchte. Dabei ist es auch wichtig, dass die Kollektionen aufeinander aufbauen, damit meine Kund*innen die Möglichkeit hat, z.B. eine Hose passend zum Hemd vom letzten Jahr zu erwerben.

 

Schnitt - Qualität:

  • Wie gut ist die Passform in meinen Schnitten umgesetzt? Eine gute Passform steht im direkten Zusammenhang mit einem langlebigen Produkt. Ein Kleidungsstück, das keine gute Passform hat, kann viel schneller an manchen Stellen reißen oder Verschleißmerkmale aufweisen. Mehr zum Thema Passform siehe Journal: Was genau ist die Passform?
  • Wie sehr berücksichtige ich eine robuste und langlebige Verarbeitung im Schnitt?
  • Kann ich den Schnitt auch so gestalten, dass die Kund*innen die Möglichkeit haben, Änderungen beim Schneider machen zu lassen? Zum Beispiel bei Gewichtsschwankungen. Es gibt sehr viele Beispiele aus dem traditionellen Herrenschneiderhandwerk, die ein Produkt änderungsfreundlicher machen können, die auch in der DOB übernommen werden können.
  • Welches Größensystem verwende ich? Passt das von mir gewählte Größensystem zu meinem Produkt und Zielkund*innen (mehr zum Thema Größen siehe Journal: Internationale US-Größen und Welche Konfektionsgrößen gibt es?)
  • Wie kann ich schnittbedingte Retouren vermeiden?

Unser Post-System ist sehr beansprucht. Durch unnötige Retouren wird die Umwelt indirekt belastet. Auch verursachen sie für das Unternehmen Kosten. Deshalb ist es wichtig, eine gute Passform anzubieten und lieber in die Entwicklung der Schnitte, Fittings und Ausarbeitung der Größen zu investieren.

 

Logistik – Verpackung:

  • Mit was für Materialien bzw. mit wieviel Material wird mein Produkt für das Lager verpackt?
  • Wie wird es verpackt, wenn es zu den Kund*innen kommt?

Logistik - Transport:

  • Wie gelangt mein Produkt zu den Kund*innen? Versand und / oder Laden? Mit was für einem Dienstleister versende ich meine Ware?

Entsorgung:

  • Wie sieht die Entsorgung meiner Ware grundsätzlich aus?
  • Kann das Produkt recycelt werden?
  • Biete ich meinen Kund*innen eine Möglichkeit an, wie sie das Kleidungsstück entsorgen können? Und wenn ja, welche?
  • Endgültige Entsorgung – ist mein Produkt biologisch abbaubar? Hochwertige natürliche Stoffe wie Wolle können leichter recycelt und somit in den Rohstoffkreislauf wieder aufgenommen werden. Synthetische Mischgewebe sind oft nicht recycelbar. Kleidung ohne hochwertiges Grundmaterial, wird oft in andere Länder verkauft. Diese Ware schadet dort vor Ort massiv dem traditionellen Handwerk, da diese preislich nicht mit der importierten Billigware mithalten können. Die Ware, die keinen Abnehmer in diesen Ländern hat, landet oft auf riesigen Mülldeponien und da diese Ware meistens aus billigem synthetischem Mischgewebe besteht, wird sie nicht kompostiert. Folglich wird sie verbrannt oder liegt Jahrzehnte auf den Deponien.

 

Viele der genannten Faktoren können das Design einschränken und das finale Aussehen des Produktes beeinflussen oder bestimmen.

 

Daher ist es wichtig, vorab ein Designkonzept zu erstellen, als Richtwert für alle kommenden Kollektionen. Im Design ist es immer eine Herausforderung, die vorgegebenen oder sich selbst auferlegten Bestimmungen hinsichtlich Nachhaltigkeit einzuhalten und gleichzeitig neue, innovative Entwürfe zu konzipieren, die der eigenen Designidee und dem ästhetischen Anspruch der Kund*innen gerecht werden.

 

Es ist schwer und wahrscheinlich nicht immer möglich, alle der erwähnten Aspekte perfekt umzusetzen. Auf der anderen Seite kann es nicht schaden, wenn diese Faktoren auch konventionelle Labels, die nicht zwingend mit ihrer Nachhaltigkeit werben, zumindest einige dieser Punkte in ihrer Arbeitsweise mit der Zeit anpassen.

 

Als Endverbraucher kann man in seinem Kaufverhalten auch bedenken, dass viele Handwerksbetriebe und kleine Ateliers durch ihre Arbeitsweise viele dieser Faktoren erfüllen, ohne dass sie explizit mit Ihrer Nachhaltigkeit werben.

 

 

Maria Jäger

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